Nachhaltig geht doch! Bericht über unseren Besuch beim Großen Runden Tisch in Aachen

Nachhaltig geht doch! Bericht über unseren Besuch beim Großen Runden Tisch in Aachen

Gepostet von am Mai 21, 2014 in Allgemein | Keine Kommentare

Zum Nachmittag des 20. Mai hatten Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff und Einrichtungen aus Aachen, Düren und Jülich zur Tagung „Großer Runder Tisch“ mit dem Thema Nachhaltigkeit eingeladen. Dazu fanden sich in den Räumlichkeiten der IHK Aachen ca. 50 Teilnehmer ein.

 

Nach einer kurzen Begrüßung durch Bischof Mussinghoff, der in seiner Begrüßungsrede über Hintergründe und Ziel des Gedankenaustausches bei Wirtschaft und Gesellschaft berichtete, sprach er vor allem den verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung an.

Misereor Pressesprecher Ralf Allgeier führte durch das Programm, das mit zwei Impulsvorträgen startete und fünf Praxisbeispiele bot.

Im 1. Vortrag zeigte uns Harry Lehmann vom Bundesamt für Umwelt, wie Ressourcen-Ausbeutung betrieben wird. Wir ändern unser Klima, was einen enormen  Stressfaktor für die Natur bedeutet. Die Frühlingsblüte kommt immer früher, was bei der Tierwelt z. B. einen enormen Wandel auslöst.  Wir sind relativ führend in der Energiewende, an die Grenzen unseres Rohstoffverbrauchs kommen wir jedoch schon sehr bald.

Wir sind am Ende des Wachstums und am Ende des Wirtschaftens angekommen.

Bevor Kriesen, Ungerechtigkeit oder kollabierende Systeme uns einen Strich durch die Rechnung machen, müssen Ressourcen im Mittelpunkt unseres Handelns stehen. Mit Ressourcen-Effizienz muss sich intensiver auseinandergesetzt werden. Unser Konsumismus hat schlimmere Folgen im Verhältnis zum Kapitalismus.  Landbasierte Wirtschaft wird als grundlegend angesehen. Wir müssen umdenken, Dienstleistungen sollen im Vordergrund stehen. Ich will keine Bohrmaschine – ich will Löscher in der Wand kaufen… so müssen wir denken. Eine Frage der Suffizienz, wieviel ist eigentlich genug? Wir sollten weniger von „Wohlstand“ reden, weil es uns etwas Falsches suggeriert. Das wort Happynes trifft es besser.

Im 2. Vortrag mit Axel Müller von Misereor ging es um Rohstoffe und Menschenrechte.

Auch beim Umwandeln erneuerbarer Energie werden viele metallische Rohstoffe gebraucht. Unser durchschnittlicher Rohstoffverbrauch liegt im Moment bei 43 kg pro Tag. Wir brauchen fünfmal mehr Rohstoffe, als Menschen in weniger entwickelten Ländern. Menschenrechte werden am häufigsten bei der Gewinnung von Rohstoffen verletzt. Der positive Effekt, Gewinnung von Arbeitsplätzen, steht Naturzerstörung, Landverlust, Luftverschmutzung usw. gegenüber. Proteste werden von Staaten kriminalisiert. Familien werden unter Druck gesetzt. Es werden Sicherheitskräfte eingesetzt. Spannungen werden nicht bereinigt. Wenn sich dann Menschen organisieren und Sabotage betreiben, gibt es nur Verlierer. Fazit: Wir tragen als Konsumenten Mitverantwortung. Menschenrechte dürfen nicht verhandelbar sein.

Als 1. Beispiel aus der Praxis stellte Susanne Jordan von Nager IT eine Computermaus vor, die zu fairen Bedingungen hergestellt werden soll. Anhand einer eindrucksvollen Grafik zeigte sie die Zulieferer und Materialien, die zur Fertigung dieses scheinbar einfachen Produkts nötig sind. Um sich ein Bild von den Produktionsbedingungen der Zulieferer zu machen, reiste sie nach China. Die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen sind für uns unvorstellbar. Bis zu 80 Stunden pro Woche werden den Menschen dort für eine notdürftige Existenz abverlangt. Unser Verständnis von Fairness weicht stark von dem Verständnis in anderen Ländern ab. Bei der Reise galt es herauszufinden, was fair sein nach deren Verständnis überhaupt ist. Fazit: Nach 5 Jahren Nager IT ist es immer noch nicht möglich, eine Computermaus anzubieten, die 100% fair gehandelt wird.

Im nächsten Vortrag wurde Cambio, ein CarSharing Unternehmen, das schon seit 1992 existiert, von der Geschäftsführerin Gisela Warmke vorgestellt.

Wie auf ihrer Folie gezeigt, ersetzt z. B. ein Auto-Carsharing 11 Autos. Auch unter den Gesichtspunkten der Ressourcenschonung ist leihen statt kaufen eine sinnvolle Überlegung, denn zur Herstellung eines Autos werden 5000 kg Rohstoffe benötigt. Durchschnittlich nutzt jeder Autobesitzer sein Fahrzeug nur 1 Stunde pro Tag, 23 Stunden steht das Auto sinnlos herum. Die Bilanz von Cambio nach 24 Jahren in Aachen und Jülich: 5000 Kunden benutzen 100 Fahrzeuge. Durch Umfragen bei den Mitgliedern wurden Carsharing-Stationen in der Stadt verteilt. Die durchschnittliche Nutzung ist zu 25% gewerblich und zu 75% privat.

Von der Firma FEV GmbH mit Standort in Aldenhoven berichtete Dr. Schwaderlapp über die eigenen Entwicklungen mit Elektrofahrzeugen und deren Fahrzeugtechnologie. Größter Motivator ist der Gesetzgeber, da bei Elektroautos der Strom mit Null Emission gerechnet wird. Umgebaut haben FEV mehrere Fiat 500, bei denen die Antriebstechnologie komplett ausgetauscht wurde. Batterietechnologie ist der Dreh und Angelpunkt bei Elektrofahrzeugen.

Henrik Pressler präsentierte uns die Vorteile von Lehm als Baustoff. Sand und Ton sind weltweit lokal verfügbar. Ein Drittel der Weltbevölkerung lebt in Lehmhäusern. Ein Argument in Bezug auf Nachhaltigkeit ist der wiederverwertbare und umweltfreundliche Abbau. Ungebrannt kann er Feuchtigkeit auf- und abgeben und sorgt für ein gesundes Klima. Stampflehm nennt sich der Baustoff und macht Wandflächenheizungen besonders effektiv.

Von der Aachener Stiftung Kathy Beys stellte Klaus Dosch aus dem Lexikon der Nachhaltigkeit Bausiedlungen der Zukunft vor. Straßen in Neu-Inden werden aus Recyclingmaterial hergestellt, das aus dem Abbau der dem Tagebau zum Opfer gefallenen Orte anfällt. Am Beispiel einer Familie, bei der sich Bedürfnisse ändern, müssen Häuser zukunftsfähig und flexibel sein. Auch zukünftige Aspekte der Rohstoffnutzung bis zum Rückbau sollen durchdacht sein.

Kurz nach 20 Uhr endete die Veranstaltung mit einer Fragerunde an alle Referenten, bei der das Bistum eindeutig Interesse an den Comutermäusen von Nager IT bekundete 🙂

Vielen Dank an alle Organisatoren.

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