Kirchengemeinden Niederzier
Die Wort-Gottes-Feier: Eine alternative Gottesdienstform in Zeiten des Priestermangels
Die katholische Kirche Deutschlands befindet sich in einer Krise. Immer weniger Männer entscheiden sich für den „Beruf“ des Priesters. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Anzahl der alljährlichen Priesteramtskanidaten mehr als halbiert. Die Folgen sind die Zusammenführung von Pfarreien zu Seelsorgeeinheiten und die Erfahrung der Gläubigen, nicht mehr jeden Sonntag in ihrer Heimatpfarrei eine Messe erleben zu dürfen. So korrespondiert eine immer geringer werdende Priesterzahl mit den immer größer werdenden Seelsorgebereichen.
Die Bistümer haben sich dem Problem angenommen. Sie beginnen, Ehrenamtliche auszubilden, die sogenannte Wort-Gottes-Feiern leiten dürfen. Was hat es mit dieser neuen Gottesdienstform auf sich? Welche Chancen und Grenzen weist sie auf? Ist sie ein Modell für die Zukunft?
Das Modell der Wort-Gottes-Feier
Aufgrund des akuten Priestermangels haben sich die Bistümer dazu entschlossen, Laien zu ehrenamtlichen Gottesdienstleitern auszubilden. Ihre Aufgabe ist es, in ihren Gemeinden Gottesdienste zu feiern, um dadurch die Hauptamtlichen zu entlasten.
Bei den Gottesdiensten handelt es sich um Wort-Gottes-Feiern. In ihnen wird aus der Bibel gelesen, gebetet und gesungen. Die Wort-Gottes-Feiern sind in ihrer Gestaltung freier als die Heiligen Messe. Aus diesem Grund haben in ihnen auch neue Gebetsformen und Symbolhandlungen einen Platz. „Diese Wort-Gottes-Feiern sind keine „halben Messen“, sondern eine ganz eigenständige Gottesdienstform, bei der das Wort Gottes ganz im Zentrum steht“, sagt die Liturgiereferentin des Bistums Essen Dr. Nicole Stockhoff. Es geht also nicht darum, die Messe zu verdrängen, sondern vielmehr eine neue Form des Gottesdienstes zu etablieren, die auch ohne Priester auskommt.
Die Chancen des Modells
Abgesehen vom offensichtlichen Nutzen in Zeiten des Priester- und Personalmangels, einen Gottesdienst in der Heimatpfarrei feiern zu können, bietet das Modell noch weitere Chancen. Die Gottesdienstleiter erhalten die Möglichkeit ihren persönlichen Glauben zu intensivieren und weiterzugeben. Sie nehmen am Verkündigungsauftrag der Kirche in besonderer Weise teil. Ihre Arbeit wird von der Gemeinde gewürdigt. Sie erfüllen eine Vorbildfunktion.
Die Gemeindemitglieder erfahren, dass auch ein Laie einem Gottesdienst vorstehen kann. Sie kennen ihn oder sie aus der Gemeinde, wissen welchen Beruf er oder sie ausübt. Sowohl Vorsteher als auch Gemeinde gehören zu den „einfachen“ Gläubigen. Der Umgang kann damit auf eine vertraute und gleichberechtigte Weise geschehen und wird nicht durch die „unnahbare Aura des Geweihten“, die viele Priester ausstrahlen, behindert.
Ein weiterer Vorteil ist die Freiheit innerhalb der Gestaltungsmöglichkeit der Wort-Gottes-Feiern. Dadurch kann der Gottesdienstleiter stärker auf die akuten Bedürfnisse der Gemeindemitglieder eingehen, und versuchen, den Gottesdienst dementsprechend zu gestalten. Der Priester und die Hauptamtlichen können als pastorale Ansprechpartner dienen und erfahren im Gegenzug viel über die Situation in ihrer Gemeinde.
Die Grenzen des Modells
Trotz aller positiven Aspekte ist festzuhalten, dass die Wort-Gottes-Feier keine Eucharistiefeier darstellt und somit niemals die Heilige Messe verdrängen darf. Der Empfang des Leibes Christi ist ein zum Heil notwendiges Sakrament und ein Recht aller Christen. Den Gemeindemitgliedern muss der Unterschied zwischen den beiden Gottesdienstmodellen klar sein. Eine alleinige Praxis der Wort-Gottes-Feier ist daher nicht anzustreben. Vielmehr sollte diese die Eucharistiefeier ergänzen und Themen aufgreifen, die in der Messe zu kurz kommen.
Ein Modell für die Zukunft?
In Zeiten des Priestermangels, wachsender Seelsorgeeinheiten und schwindenden Kirchenbesucherzahlen kann das alte Modell der Pfarrei mit jeweils eigenem Pfarrer nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Wort-Gottes-Feiern bieten die Möglichkeit, trotz fehlendem Priester einen Gottesdienst zu feiern.
Damit kommen einige Bistümer der Forderung des zweiten vatikanischen Konzils nach, das in Lumen Gentium von einem „gemeinsamen Priestertum“ aller Gläubigen spricht. Die Gläubigen gestalten Kirche auf ihre Art und Weise aktiv mit. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn die Bedeutung der Messe durch die Wort-Gottes-Feiern untergraben wird. Darauf zu achten ist die Aufgabe des Priesters, der Hauptamtlichen und der Gottesdienstleiter vor Ort. (kath.de Kommentar – Posted on 17. Juni 2016 by lansorge)
(Foto: Elfriede Klauer in pfarrbriefservice.de)
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