Kirchengemeinden Niederzier

Das Bistum fördert mit neuen Richtlinien sogar Gotteshäuser, die durch KIM auf „Rot“ gestellt sind
Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 46/2016
Ihr seid nicht allein
Viele Menschen zählen Rot zu ihren Lieblingsfarben. Rot gilt als Farbe der Liebe, aber dient zudem dazu, etwas Dringendes zu signalisieren, eine Warnung auszusprechen.
Bei der Verkehrsampel heißt es: Halt an! Und bei Gotteshäusern im Bistum Aachen heißt es: Diese Kirche ist im Zuge des Kirchlichen Immobilienmanagements (KIM) „aus der Förderung der Diözese herausgenommen“. Was aber bedeutet das? Gibt es wirklich kein Geld mehr für diese sakralen Gebäude? Die KiZ sprach mit Frank Rutte-Merkel, Bernhard Stenmans und Michael Scholz aus dem Bischöflichen Generalvikariat. Über ihren Tisch gehen eine Vielzahl von Vorgängen und Förderanträgen.
KIM als Projekt endet mit dem Jahr 2016. Sind die Kirchengemeinden somit auf die Zukunft ihrer Immobilien vorbereitet?
Das lässt sich für zwei Drittel der Kirchengebäude im Bistum Aachen mit einem „Ja“ beantworten. Hier bleibt die Bezuschussung unverändert bestehen. Für rund 160 Kirchengebäude sieht das anders aus. Die Kirchengemeinden sind gefragt, Ideen zu entwickeln. Bei rund 50 Kirchen ist das bereits der Fall. Veränderungen haben in diesen Fällen auf vielerlei, meist kreative Weise stattgefunden. Andere Kirchengemeinden haben bei ihren Beratungen nach Wahrnehmung der Fachleute entschieden, das Thema einer „Veränderung des Kirchengebäudes“ später zu anzugehen.
Die Probleme, welche die Gemeinden erwarten, sind damit keinesfalls gelöst. Solange die Gebäude baulich in Ordnung sind, bekommen viele Pfarreien den Unterhalt noch gestemmt. Doch was ist, wenn das Dach nicht mehr dicht ist, sich ein Schädling einnistet, Feuchtigkeit eindringt? In einer Zeit, in der perspektivisch weniger Kirchensteuermittel als früher zur Verfügung stehen, ist das eine existenzielle Frage.
Was ist mit den Kirchen, die „aus der Förderung des Bistums herausgenommen“ wurden?
Auf den ersten Blick gibt es kein Geld mehr für die „auf Rot gestellten“ Kirchen. Die Kirchengemeinden sind auf sich gestellt, wenn sie die Kirchen weiter in der überlieferten Form nutzen möchten. Als Quelle, das zu finanzieren, bietet sich neben den fixen Schlüsselzuweisungen der so genannte „Fabrikfonds“ der jeweiligen Kirche an. Das ist ein in früheren Jahrhunderten zusammengetragenes Stiftungsvermögen, dessen Erträgnisse dem Erhalt des Gebäudes dienen. Das kann beträchtlich sein, das kann aber auch gegen Null tendieren – gerade bei den heutigen Verhältnissen auf dem Kapitalmarkt. Und nicht jede Kirchengemeinde hat noch große Grundstücke, die sie zu Geld machen kann.
Auf den zweiten Blick ergeben sich weitere Möglichkeiten. Die neuen „Richtlinien für kirchengemeindliches Bauen und Baufinanzierung im Bistum Aachen“ – kurz RBB – benennen sie. Kirchen, die im bisherigen Sinne nicht mehr bezuschusst werden, erhalten Hilfe, wenn sich die Verantwortlichen vor Ort auf den Weg machen, eine wirtschaftliche Nutzung für das Gebäude zu finden. Das Bistum unterstützt aus Kirchensteuermitteln diesen Prozess. Geld gibt es für verschiedene Schritte, welche zu gehen sind: von der Machbarkeitsstudie bis hin ein einer letztmaligen Bezuschussung von außerordentlichen Instandsetzungsarbeiten an der Kirche, die umgenutzt werden soll.
Was müssen Kirchengemeinden tun, um ihre Gotteshäuser weiter finanzieren zu können – gleich ob „rot“ oder „grün“?
Die Fachleute aus dem Bischöflichen Generalvikariat sagen ganz offen: Die Probleme werden unweigerlich kommen. Jede Kirchengemeinde ist daher gut beraten, sich für die Zeit vorzubereiten, in der für fortlaufende Kosten immer weniger Mittel zur Verfügung stehen. „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“ – die Weisheit aus dem Volksmund gilt auch für dieses Thema und bleibt doch schwierig, wie die Praxis zeigt. Im Moment gibt es Sonderzuschüsse für die Kirchengemeinden, um Rücklagen für die Instandhaltung ihrer pastoral genutzten Gebäude zu bilden. Vier Jahre lang, noch bis 2018, werden zu diesem Zweck pro Jahr vier Millionen Euro an die Pfarreien überwiesen. Das Geld kommt theoretisch allen Kirchengebäuden zu Gute – wie sich die Kirchenvorstände vor Ort entscheiden, ist letztlich ihre eigene Sache.
Das Bischöfliche Generalvikariat Aachen bleibt allerdings nicht ganz außen vor: Die Baumaßnahmen, die aus den Entscheidungen vor Ort anstehen, sind gleichwohl genehmigungspflichtig. Und zugleich gibt es weitere Töpfe, bei der Kirche, aber auch bei öffentlichen Stellen, bei Stiftungen und vielen Stellen mehr, die sich anzapfen lassen. Zuschüsse erhält man zum Beispiel für die Instandhaltung kulturell bedeutsamen Inventars. In einer solchen Mischfinanzierung sehen die Fachleute aus dem Generalvikariat die Zukunft. Mittelfristig wenig Chancen räumen sie den Fördervereinen ein, die zurzeit mit Elan gegründet werden. Diese mobilisieren zwar zurzeit eine teils nicht unbeachtliche Summe von Geld, aber die Frage lautet: Was ist, wenn die Initiatoren einmal nicht mehr an Bord sind?
Geht es bei der Diskussion nur ums Geld oder geht es nicht um weit mehr?
Den Blick auf die Frage der Finanzen zu verengen, ist vordergründig. Tatsächlich geht es in erster Linie um wichtige pastorale Weichenstellungen. Es geht um die Zukunft der Kirche als Glaubensgemeinschaft, nicht als Gebäude. Das war der Ansatz von KIM. Die Einladung an die örtlichen Verantwortlichen lautete: in Respekt vor der kulturellen und theologischen Bedeutung der Gotteshäuser auf das Ganze der Gemeinden zu schauen. Was benötigen die Menschen, um ihr Leben im Zeichen der christlichen Botschaft zu gestalten? Papier ist geduldig und wird gerne in eine Schublade gekramt, sagen die Fachleute vom Generalvikariat, wenn sie sich den Umgang mit KIM anschauen. Doch wenn Gebäude und Geld kein Selbstzweck sein sollen, dann geht es um genau das: sich ernsthaft mit der Pastoral von morgen und übermorgen beschäftigen.
Sind die Pfarreien auf sich gestellt, wenn sie die Zukunft ihrer Gemeinden und damit ihrer Gotteshäuser entwickeln?
Keinesfalls. Neben den finanziellen Unterstützungsleistungen bietet sich das Bischöfliche Generalvikariat auf vielfache Weise als Berater an. Wenn sich zum Beispiel Gremien auf den Weg machen, über die Pastoralentwicklung in ihrer Gemeinschaft der Gemeinden nachzudenken, wird es auf Zuruf aktiv. Das gleiche gilt bei der Planung von Baumaßnahmen an Kirchen und anderen pastoral genutzten Gebäuden. In diesen Situationen verlässt das Generalvikariat seine Rolle als Aufsichtsbehörde und bringt die gesammelte Expertise seiner Mitarbeiter als Hilfe ein. Es gibt viele Fälle, in denen damit positive Erfahrungen gemacht wurden. Die Botschaft an die Kirchengemeinden lautet: „Ihr seid nicht allein.“ (von Thomas Hohenschue in KirchenZeitung Aachen – Ausgabe 46/2016)
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